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Nebel ist ein Symbol für Irrtum, Ungewissheit und Einsamkeit. Ob er nur kurzzeitig oder dauerhaft aufreißt, weiß man an einem Nebeltag genauso wenig, wie im Stück „Nebelreißn“. Das Drama mit dem tiefsinnigen Namen begeistert und stimmt nachdenklich zugleich.

Bad Feilnbach – Alles andere als eine Nacht-und-Nebel-Aktion war die Auswahl dieses Stücks für die Akteure des Edelweißvereins Bad Feilnbach. Regisseur Konrad Kriechbaumer (Regieassistenz: Markus Scheble) war schnell von diesem Stück begeistert. Dass es ein Drama ist, faszinierte ihn und die Akteure umso mehr. Und die Zuschauer? Sie müssen nicht gänzlich auf Schmunzler verzichten, aber: Das Stück zieht mit seiner Lebens-Tragik in seinen Bann. Dorfklatsch, Scheinheiligkeit und Neid sind das steuernde Trio des Stücks. Denn seit 15 Jahren lebt „Die Oane“ alias Elisabeth Maier allein auf einer Alm.

Das Schicksal hat sie nach einem vermeintlichen Seitensprung, Mordverdacht und dem Verstoßenwerden durch den Ehemann sowie das Verlassen ihres Sohnes auf den Berg verschlagen. Gelegentlichen Besuch bekommt sie von der „Anderen“, gespielt von Elisabeth Dostthaler. Sie steht ihr in der harten Zeit des Exils scheinbar als treue Gefährtin zur Seite. Die Vermittlerin zwischen dem Leben im Tal und auf dem Berg – wobei die Informationen gefiltert fließen – stellt Elisabeth Dostthaler mit den ihr ins Rollenbuch geschriebenen zwei Gesichtern vortrefflich dar. Der überraschende Tod des Sennerin-Gatten im Tal setzt dann eine Geschichte in Gang, deren freudige Momente immer wieder von dunklen Schatten überdeckt werden.
Unterstützt und sichtbar gemacht werden die Glücksmomente der Figuren durch ihre Kleidung. Nach eher grauen und braunen Farbtönen (schlechte Zeiten) bei der Kleidung, gibt es auch leuchtend blaue und gar weiße „modische“ Momente mit Rock, Schürze und Hemd auf der Bühne, die sinnbildlich für die Lichtblicke im Leben der Akteure stehen sollen. Kostüm, Maske und Technik (Lisa Millauer, Elisabeth Fischer, Lisa Weidlich, Stefanie Dostthaler, Martin Hopps und Benedikt Weidlich) können sich in dem Drama auf puristische Weise „austoben“ und sind ein elementarer Baustein für die insgesamt ergreifende Inszenierung. Elisabeth Maier verkörpert dabei großartig die verzweifelte, verhärmte und vom Schicksal gebeutelte Sennerin in Mimik und Gestik. Der Zuschauer leidet mit ihr. Dem Hallodri und Grund für ihre seelischen Abstürze, Hubert Dostthaler alias „Der Fesche“, kommt dabei die Schlüsselrolle des Stücks zu. Mit ihm – Dost-thaler wechselt die Charaktere als Charmeur und gefallener Taugenichts fließend – erlebt das Leben der Sennerin und ihrer Familie die positiven und negativen Wendungen.
Die Rahmenhandlung von „Nebelreißn“ dabei stets im Blick und für den Zuschauer erklärend hat Sebastian Kolb als „Der Oid“, ein Viehhändler. Er bietet durch eine Eheschließung mit ihm – natürlich nicht ohne materiellen Hintergedanken – einen Ausweg an. Zugleich ist „Der Oid“ auch derjenige, der die Irrungen des Stücks in ihrer Gänze aufdeckt. Kolb spielt diese Rolle geradlinig, schlicht und dabei mit großer Bühnenpräsenz – ohne die anderen dabei zu „schmälern“. Gerade die Interaktionen mit der „Jung“ und dem „Jungen“ (Elisabeth Dostthaler und Martin Gasteiger) zeigen dies auf. Gasteiger, Sohn der Sennerin und 15 Jahre ohne Mutter aufgewachsen, hat sein eigenes „Packerl“ zu tragen und spielt diesen Zwiespalt sichtbar. Ehe er „Jung“ mit der Magd sein Glück zu finden scheint. Gerade in den schwierigen Szenen beeindruckt Elisabeth Dostthaler mit der schwer darzustellenden Natürlichkeit. Verrat und Missgunst stehen im Heimgartensaal im Rampenlicht – inklusive des Regiekniffs von „eingefrorenen Szenen“ während einer der Schauspieler den Hintergrund erläutert.Mit strategisch klug in Szene gesetzten Lichtspielen sorgen die Scheinwerfer dabei für Kälte oder Wärme. Ob der Nebel in Bad Feilnbach aufreißt?
Das kann man am Mittwoch, 28., und Freitag, 30. November, sowie am Samstag und Sonntag, 1./2. Dezember, mit dem Edelweißverein Bad Feilnbach eindrucksvoll erleben. Beginn ist jeweils um 19.30 Uhr im Heimgartensaal. Restkarten gibt’s online unter www.theater-feilnbach.de oder bei Fotografie Brigitte Stadler, Kufsteiner Straße 40.
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