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Heimkehr mit Biss – in Apfel und Politik

Wie sehr der Feilnbacher Theaterfasching 2013 abgegangen ist (ausgefallen wegen der Heimgarten-Sanierung), dokumentierte der Vorverkauf 2014: Binnen 27 Minuten waren den Edelweiß-Theaterern alle Karten für die fünf Vorstellungen aus den Händen „gerissen“. Die Vorfreude der Besucher demzufolge entsprechend groß und damit auch der Erfolgsdruck für die Akteure. Doch diesem hielten die Theaterer bestens Stand und boten einen fulminanten Abriss des Gemeindelebens – inklusive der gewohnt gekonnten satirischen Spitzen. Bad Feilnbach – „Griaß God i bin da Feilnbacher Apfe und i soll‘s richten“: Bauhof- Mitarbeiter gingen als Apfel verkleidet im Heimgartensaal auf Werbetour für die Gemeinde. Dies war nur eine von vielen Aktionen, die Kurdirektor Florian Hoffrohne alias Stephan Oberprieler (erstmals in dieser Rolle) oranisierte, und das Publikum gleich eingangs die Lachtränen in die Augen trieb.
Von der neuen Marke Bad Feilnbach („Meine Hoffnungen ruhen auf einem Apfel, da steh ich dazu“) bis zu Kinderwagen-Wanderungen (auch das Baby dazu ist ausleihbar) reichte sein Füllhorn an Ideen, um die Kommune zu beleben. Dass dies aber noch nicht so der Fall ist, verdeutlichten zwei Kurgäste, die zunächst im Tannenhof, dann im Kurhotel Diem sowie im Alpenhof und dem ehemaligen VdK-Haus Schwarzenberg übernachten wollten. „Zu. Zu. Zu. Zu“, war die erschöpfende Auskunft aus der Kur- und Gästeinformation. Die „Scheinheiligen“ – Barbara Kolb, Lisi Schmidt, Irmgard Kolb und Barbara Millauer – fassten es gesanglich so zusammen: „Leben in Bad Feilnbach, viel Landschaft, wenig Fortschritt; da leb und sterb i mit Freid und bleib i treu bis in die Ewigkeit.“ Dass diese Ewigkeit wörtlich gemeint war, sah man bei der parodierten Begrüßung von vier neuen Gästen: Per Post waren vier Urnen im Rathaus auf Bürgermeister Hans Hofers Schreibtisch gelandet. Diese sollen auf der Sonnenbichl-Wiese bestattet werden. „So viele Lebendige kommen nicht mehr nach Feilnbach“, kommentierten dies denn auch prompt die Scheinheiligen.

Die vier Frauen führten auf äußerst unterhaltsame Weise in ihrer Stubn am Bühnenrand durch den Abend und zu historischen Gemeinde-Momenten. Einer davon war der Fossilfund eines sogenannten Zoophycus im Jenbachtal. Hier packte Bürgermeister Hans Hofer (einmal mehr täuschend echt und mit dem richtigen Quäntchen an Ironie: Martin Kolb) selbst zu Hammer und Flex und schnitt mit den Experten das 70 bis 75 Millionen Jahre alte Fossil (Alter erschmeckt) aus dem Felsbrocken. Mit dabei: die beiden Finder Zora und Karl Neder (gekonnt Barbara Kolb und Martin Gasteiger) sowie die Presse (Katrin Dosthaler). Doch ist der Fund nur Schein? Die Theaterer vermuten dies und zeigen Zweiten Bürgermeister Vitus Gasteiger (Wast Gasteiger mit Bierruhe und spitzbübisch) mit Zement bereits am nächsten „Fund“ – einem versteinerten Apfel – basteln… Ihr Fett weg bekamen einmal mehr die Auer. Sei es, dass sich die Goaßlschnoizer vor der falschen Kirche haben fotografieren lassen oder, dass Eva, wenn Adam ein Auer gewesen wäre, sich schwer getan hätte mit ihm zusammenzukommen. Feucht-fröhlich ging es dann bei der Einweihung des Jenbachparadieses zu. Wie kleine Kinder erkundeten, animiert von Jenbachnixe „Jeni“ (Barbara Kolb in dieser Rolle leicht verhuscht), Hofer, CSU-Gemeinderat Sebastian Obermaier (typisch; Robert Gsinn), Dritte Bürgermeisterin Ursula Hilz (Elisabeth Dosthaler) und Gasteiger mit Becherlupen das Leben im Wasser – von Lachsalven der Zuschauer begleitet.

Auf dem stilisierten Segelschiff, zu den Klängen von „Im sailing“, stach dann das Boot „Jenbachparadies“ – fotografisch festgehalten von Konrad Kriechbaumer (Adrian Dosthaler) – in See. Für die Scheinheiligen aber eher „näher dem Abgrund“. Schwarzbau-Kontrollen kamen ebenso dran („Laut Plan ist da koa Halle, sondern a Wiesn“) wie die Suche nach einem neuen Mesner und dessen Stellenausschreibung durch Pfarrer Ernst Kögler (salbungsvoll Harry Weidlich) und ein Soloauftritt von Gemeinderat Martin Huber (Alois Huber) als notorischer Zuspätkommer zu Sitzungen in Anlehnung an einen Loriot-Sketch. Ein Armutszeugnis stellten indes die Edelweiß-Theaterer der Feier zu „40 Jahre Baderhebung“ aus. Während die Vereine das Dorffest aufbauten, enthüllten die „Großkopferten“ eine Büste und marschierten auf Umwegen – um den Aufbau nicht zu stören – zum Festessen. Dort verabschiedete sich Landtagsabgeordnete Annemarie Biechl (Elisabeth Maier) mit einem Platzerlrezept aus ihrer Amtszeit und Landrat Josef Neiderhell (Peter Michalke mit typischer Gestik und Ballenheber) gratulierte.Weils länger dauert, is ja auch in Oberlengendorf“, wie Theatervorstand Markuscheble als Passant immer wieder betonte, kam der dortige Lkw-Unfall aufs Tapet. Die spontan vor Ort einberufene Feier mit Feuerstelle, Grill und Alkohol brachte eine neue Gemeinschaft auf: die FGG (First-Grama-Gaffer) und führte zu Johlern im Publikum.
Wichtiger Bestandteil der Aufführungen ist auch immer die Theaterjugend (Sebastian Obermaier, Marius Kubik, Anian Stadler, Benedikt Weidlich, Annalena Wurm, Sophie Grad, Ramona Wingen, Kilian Huber, Annkathrin Ostertag, Lena Weidlich, Vreni Huber und Michaela Vogt). Sie brillierte unter anderem mit dem Ausgrasen der Laufbahn am Sportplatz und wunderte sich nicht mehr, warum die Bundesjugendspiele immer in Raubling stattfinden: „Bei der buckligen Piste is des klar.“ Einmal mehr traten die Theaterer den Beweis an, dass man nicht nach Veichtshöchheim muss, um gelungene Politik-Satire erleben zumüssen. Bemerkenswert dabei: Alles wird gesagt – aber oberhalb der Gürtellinie.

Mangfall-Bote, 24.04.2014
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