Doppelter Genuss: von 1900 und heute | |
Mimik und Gestik sagen oft mehr als Worte: Markus Scheble als Bauer Thaddäus wetteifert mit seinem Nachbarn. © OVB Auf eine schmackhafte Zeitreise nahmen die Theaterspieler des Edelweißvereins Bad Feilnbach sowie Josef und Susanne Kaffl vom Kistlerwirt die Besucher des Stücks „Da Hintaloda“ mit. In der weiß-blau-rosafarbenen Komödie dreht sich alles darum, wie ein junger Bursch mit einem Trick die Rekrutierung zur Königlich-Bayerischen-Armee umgehen will. Bad Feilnbach– Alles andere als im Hinterhof verstecken müsste sich das Theater. Doch weit gefehlt: Die Open-Air-Aufführung besticht traditionell mit ihrer heimeligen Atmosphäre. Der Zuschauer hat das Gefühl, mit in der Bauernhofstube, dem Schauplatz des Stücks, zu sitzen. Ein Tisch, zwei Bänke, ein Sessel sowie ein Schrank reichen dabei völlig als Bühnenbild aus. Das Stück wirkt durch seine Schlichtheit und lässt dadurch die Leistung der Akteure umso mehr „strahlen“. Matthias Millauer hat bei seinem Regiedebüt anscheinend besonders auf die kleinen Akzente wert gelegt. So reicht ein kecker Seitenblick, ein zeitlupenartiges Wanken oder eine simple Handbewegung aus, um bei den Zuschauern für Schmunzler zu sorgen. Millauer lud bei seiner Begrüßung zu einer Zeitreise circa 150 Jahre zurück ein und erinnerte an bereits aufgeführte Stücke von Gerhard Loew („Die Grattleroper“, „Kinipfingst“ und „Servus Adolf“). Der Autor sei somit kein Unbekannter in Bad Feilnbach mehr. Das bayerische Stück schildert die Geschichte vom Jungbauern Ambros, der seine Rekrutierung zur Königlich-Bayerischen-Armee umgehen will. Da er lieber zu Hause auf dem Rehbichler-Hof bleiben möchte, kommt ihm die Idee, sich als in der damaligen Zeit sogenannter Hintaloda, als Homosexueller, auszugeben. Tobias Dosthaler beeindruckt hier mit seinem Verhalten als „Spinoderer“ mit Hüftschwung, Trippelschritten und schnellem Umschalten seiner beiden „Persönlichkeiten“. Die Lacher hatte er nicht nur auf seiner Seite, als er von seiner Liebschaft, Hauserin Kathi Gnanninger, weibliche Tipps wie Augenaufschlag und Gehtraining erhält. Von Kathis Esprit und ihrer Klugheit hängt es letztlich aber ab, ob das Täuschungsmanöver von Ambros gelingt oder nicht. Michaela Vogt verleiht der Hauserin eine charmante Art. Deren Eltern, die Gnanningers, sind die Nachbarn des Rehbichlerhofs. Gertrud Huber begeistert hier als Dorfratschn, die sich in ihrer neugierigen Art auch nicht von Gatte Nepomuk Gnanninger alias Harald Weidlich aufhalten lässt. Zusammen mit Thaddäus Rehbichler (Markus Scheble), Bauer und Vater von Ambros, gibt es für die beiden nur ein Thema: Den neuen Stier von Rehbichler. Der verbale Schlagabtausch der Männer, wer den besseren Zuchtbullen hat, imponierte in Tempo, Wortwitz und Mimik. Der naive Knecht Lois (gelungene Schauspielpremiere für Tobias Fischer) komplettiert das Trio und beendet auch das Wetteifern: Denn ihm zufolge findet der Prachtstier mehr Gefallen an Gnanningers Stier als an den Rehbichler-Kühen. Dazwischen brilliert Stephan Müller als Austragsbauer in Filzpantoffeln. Er war der grantelnde und verkalkende Großvater, der alle auf dem Hof zur Verzweiflung trieb und durch sein schlechtes Gehör zu Irrungen und Witzen beitrug. Die neuen Mikrofone – angeschafft fürs Laurenzispiel im vergangenen Jahr – sorgen unter anderem bei dessen Schimpftiraden für beste Klangqualität. Höhepunkt des Stückes war der dritte und letzte Akt mit den Auftritten des Sanitätsrats (Stephan Oberprieler), des Feldwebels (Christian Matschina) und des Sanitätsgemeiners (ebenfalls gelungene Schauspielpremiere von Michael Matschina Seitz). Der oberkorrekte Sanitätsrat erforderte dabei clowneske Züge und legte Oberprieler in Manier eines Gendarmerie-Majors Böckl alias Josef Meinrad in den Sissi-Verfilmungen an. Das militärische Trio erhielt für seine überspitzte glänzende Darbietung mehrfach Szenenapplaus. Letzteres hätte auch das Menü zwischen den drei Akten verdient gehabt. Es passte sich mit Tafelspitzbrühe samt Spinatnockerln, Ochsenbackerln und Weißbiertiramisu dem Stück an. Dazu unterhielten drei Mann der Soatnhof Musi die Gäste. Ob Ambros den ersehnten Stempel „untauglich“ auf seinem Rekrutierungsbescheid erhält, können Interessierte bei den Aufführungen am Sonntag, 10. Juli, sowie am Freitag, 15. Juli, erleben. Für diese Termine gibt es noch Karten beim Kistlerwirt unter Telefon 0 80 66/9 03 60 oder per E-Mail unter info∂kistlerwirt.com. Für die Aufführungen (8./9./16./17./23. und 24. Juli) gibt es nur noch Einzel-Restkarten auf Anfrage. Preis inklusive Menü: 30 Euro. Alle Akteure und Beteiligten erhalten aber einen ganz anderen Stempel: „Mehr als unterhaltsam und gelungen“ müsste darauf zu lesen sein. Zudem: Das auf der Bühne alles klappt und die Akteure in ihren Rollen aufgehen können, dafür ist eine Gemeinschaftsleistung – insbesondere hinter den Kulissen – notwendig. Regina Litzlfelder, Maria Obermaier und Lisa Weidlich kümmern sich um die richtige Maske, Sabrina Wingen als Inspizientin und Regie-Assistenz, dass alles an Ort und Stelle ist und Lisa Millauer sorgt für die authentischen Kostüme. Martin Hopps und Benedikt Weidlich wiederum haben die Ton- und Lichttechnik im Griff. |